Hab schon länger nichts gepostet, daher mal was älteres.
Wannabe Hero
Da ist es wieder. Dieses Gefühl. Hilflosigkeit. Wieder sitzen wir uns auf meinem Bett gegenüber, schweigend. Uns trennt nicht mal ein Meter von einander und dennoch liegen in diesem Moment Welten zwischen uns. Ich versuche meine Tränen zurück zu halten, was mir nur marginal gelingt, aber es reicht um nicht los zu schluchzen und die drückende Stille aufrecht zu halten. Sie weiß was sie getan hat. Sie hat sich damit abgefunden. Zeigt keine Reaktion. Ich jedoch halte es nicht aus. Diese Distanz die sich zwischen uns gerissen hat. Ihr Arm ist in strahlend weißen Verband eingepackt und lässt das Ausmaß nur erahnen. Wortlos überbrückt meine Hand den halben Meter der zwischen uns liegt und berührt ihre zarte Wange. Ich lasse meine Hand ruhig auf ihre Schulter hinab gleiten und fahre langsam ihren Arm hinab bis ich den Verband erreiche. Sie zieht ihren Arm langsam weg, fasst sich auf den Verband und senkt ihren Blick. Ja, sie weiß was sie getan hat, auch wenn es ihr nicht um sich selbst geht. Sie weiß was sie mir angetan hat.
"Zeig es mir." Sie hat es nicht gehört. Ich bekomme nicht mal mehr einen Ton zustande.
"Bitte... zeig es mir." Dieses mal war es hörbar. Trotz aller Bemühungen zittert meine Stimme leicht. Sie blickt wieder leicht hoch und schaut mich aus ihren Augenwinkeln an, bedacht darauf direkten Blickkontakt zu vermeiden. Sie bleibt Stumm.
"Bitte" Ihr Blick senkt sich wieder. Nach einem kurzen Zögern löst sie langsam den Verband. Es fiel ihr sichtlich schwer. Die Schnitte waren kein Tag alt und betteten sich zwischen Narben und alte Wunden. Mein Atem wird langsamer, ich schließe meine Augen, mein Kopf senkt sich etwas. Versuche einen Moment nicht daran zu denken. Nicht daran zu denken wie sie die Klinge an ihrem Arm entlangführt, nicht daran zu denken wie sie blutet. Ihr Druck muss groß gewesen sein, normalerweise verlaufen ihre Einschnitte geradezu parallel zueinander, dieses mal ist es anders. Es gibt kein Muster, einige Wunden überschneiden sich. Man kann den Hass und die Verzweiflung des Moments geradezu selbst spüren. Das Atmen fällt immer schwerer. Meine Kehle zieht sich zu. Ich öffne meine Augen wieder. Spüre ihren Blick an mir haften. Ich rücke kniend näher an sie heran, so nahe, dass unsere Oberschenkel aneinander liegen. Ich führe meine Hand wieder an ihren Arm. Streiche über ihre Narben, über ihre Wunden und hoffe das sie das Zittern nicht bemerkt. Auch dieses mal zieht sie ihren Arm langsam weg. Als ihre Hand durch meine gleitet, halte ich sie leicht fest. Sie stoppt. Ich umarme sie, mein Druck auf ihre Hand wird fester. Sie erwidert die Umarmung lediglich zaghaft und legt ihren Arm an meine Hüfte. Ich lasse meinen Druck auf ihre Hand leicht fester werden und küsse sie. Es dauerte nur 5 Sekunden. 5 Sekunden die mir Kraft geben und mich gleichzeitig innerlich zerreißen.
"Ich liebe dich!" Ihr blick senkt sich wieder und ihre Tränen färben ihre Hose ein. Ich löse mich von ihr, stehe langsam auf, verlasse das Zimmer leise. Ohne einen Ton schließe ich die Tür hinter mir und lehne mich an sie. Meine Beine geben nach und ich sacke in mir zusammen. Ich kann nicht mehr. Ich halte es nicht mehr aus.
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